06. April 2020
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Gewerkschaftsarbeit in Zeiten des Corona- Virus

Offener Brief an unsere Mitglieder

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

bisher haben wir uns mit Äußerungen zum Umgang mit dem Corona- Virus in unseren Dienststellen zurückgehalten. Wir wollten uns nicht an der Panikmache und Hysterie beteiligen.

Gerade in Zeiten von „Fake News“ fällt es einem sehr schwer, sich eine objektive eigene Meinung zu bilden. In den Informationen aus dem Thüringer Finanzministerium (TFM) wurde die Strategie zum Umgang mit der Pandemie unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs eingehend dokumentiert.

Leider mussten wir jedoch zur Kenntnis nehmen, dass aufgrund der ständigen Änderungen durch Allgemeinverfügungen der Landkreise und der Landesregierung die Regelungen durch das TFM ständig angepasst wurden, wir aber als Gewerkschaft überhaupt nicht die Möglichkeit eingeräumt bekamen, unsere Vorstellungen und Anregungen zum Wohle unserer Mitglieder und sämtlicher Bediensteten einzubringen. In anderen Bundesländern wurden die Vertreter der DSTG als anerkannte verlässliche Partner in die Besprechungen und in die Krisenstäbe einbezogen, nur nicht in Thüringen!

Durch die Stabsstelle des TFM werden unsere Vertreter im Hauptpersonalrat (HPR) zwar wieder über die aktuellen Entwicklungen und Änderungen informiert, aber insgesamt haben diese Vertreter den Eindruck gewonnen, dass sie eher als störendes Element denn als vertrauensvolle Partner empfunden werden.

Da nun schon die ersten Fälle mit einer Coronaerkrankung in den Dienststellen zu verzeichnen sind, wird sich zeigen, wie wirksam die Einteilung der Dienststellen in zwei Schichten ist und ob das Nichtvermischen beider Gruppen anhand der zu erwartenden Steigerung der Zahl der Erkrankungen aufrecht erhalten bleiben kann.

Aufgrund der derzeitigen Regelungen des TFM und den Pandemieplänen anderer Bundesländer haben wir Folgendes anzumerken:

1.)   Schließung der Servicestellen

Hier müssen wir unsere Ministerin Heike Taubert für die schon sehr frühzeitige Schließung der Servicestellen für den Publikumsverkehr loben. Frau Ministerin, Sie haben hier sehr rasch reagiert und Weitsicht bewiesen. DANKE!

2.)   Arbeitsweise in den Außendiensten

Auch hier begrüßen wir die Regelung, nach der die Außendienstler mit genehmigtem Heimarbeitsplatz weiterhin von daheim arbeiten dürfen, sofern genügend Aufgabenvorrat vorhanden ist.

3.)   Personalratssitzungen

In den Anweisungen zu den Dienstreisen geht hervor, dass diese grundsätzlich untersagt sind. Was ist aber mit Personalratssitzungen? Stellen diese Sitzungen einen Ausnahmefall dar? Wie können in diesen Zeiten Beschlüsse gefasst werden, die vor einem Verwaltungsgericht Stand halten werden? Die Personalräte fühlen sich da von ihrem Dienstherrn völlig allein gelassen.

Antworten auf einige wichtige Fragen in diesem Zusammenhang hat der dbb beamtenbund und tarifunion (unsere Dachorganisation!) auf seiner Homepage zur Verfügung gestellt:

www.dbb.de/teaserdetail/artikel/informationen-fuer-personalraete.html

In Hessen gibt es mittlerweile einen Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und Sport vom 24. März 2020, worin geregelt ist, dass Telefonkonferenzen eines Personalrats in dieser Zeit ausnahmsweise als Personalratssitzung anerkannt wird:

service.hessen.de/xbcr/Erlass_Wahlverschiebung_2020.pdf

Warum gibt es bei uns keinen gleichlautenden Erlass des TMIK?

Wichtig ist jedoch die Erkenntnis, dass die Mitbestimmung trotz der oft schnell zu treffenden Entscheidungen nicht ausgehebelt ist!

4.)   Kinderbetreuung

Hier zitieren wir die derzeitige Regelung aus der Finanzverwaltung in Hessen:

„Beschäftigten kann Dienstbefreiung unter Fortzahlung der Bezüge / des Entgelts über die bislang tariflich bzw. beamtenrechtlich zulässigen 3 Arbeitstage hinaus für den Fall der häuslichen Betreuung eines eigenen Kindes unter 12 Jahren gewährt werden, wenn dies wegen der Schließung der Kinderkrippe, des Kindergartens oder der Schule des Kindes aufgrund von Infektionsschutzmaßnahmen erforderlich ist.“und

„Insbesondere sind hierbei vorrangig auch die Möglichkeiten der Telearbeit und des mobilen Arbeitens, abhängig vom Alter des Kindes ggf. auch nur stundenweise, in Betracht zu ziehen. Die Regelarbeitszeit gilt dann aus übergeordneten Gründen als geleistet.“  

Eine derartige klare Regelung fordern wir auch für unsere Bediensteten. Da ist es wenig hilfreich, wenn unsere Ministerin darauf hinweist, dass es uns doch mit den drei (plus zwei) Tagen Sonderurlaub besser geht als den vielen Kurzarbeitern. Das ist zwar richtig, aber wenn es in anderen Bundesländern Regelungen gibt, die die Sorgen und Nöte der eigenen Bediensteten bei der Kinderbetreuung Ernst nehmen, sollten wir das in Thüringen auch umsetzen.

5.)   Telearbeit

Der Vorrang gegenüber den o.a. Freistellungsreglungen hat in jedem Fall das Arbeiten von daheim aus. Wir sind von vielen Beschäftigten angesprochen worden, warum es keine Ausweitung der Telearbeit bzw. keine Einführung des mobilen Arbeitens gibt. Wir konnten nur mit den Schultern zucken und sagen, dass es an den fehlenden technischen Möglichkeiten liegen soll. Aber zuverlässige Informationen haben wir nicht bekommen!

Wir konnten weder feststellen, dass es technische Reserven (Laptops, Standrechner,…) gibt, noch werden kurzfristige Anschaffungen von Hardwarekomponenten in Erwägung gezogen. Andere Bundesländer haben da ganz unkompliziert reagiert und nach (einer vorhandenen) Reserve auch noch schnell Anschaffungen von Hardware organisiert.

Wir hatten schon vor einiger Zeit auf die schnelle und erhebliche Steigerung der Telearbeitsplätze und Heimarbeitsplätze auf 10 % unserer Bediensteten gefordert! Diese Krise sollte der Beginn eines Umdenkens sein!

6.)   Risikogruppen

Nach den Feststellungen durch das RKI steigt das Risiko einer schweren Erkrankung mit COVID-19 bei sog. Risikopersonen (Personen mit Vorerkrankungen, über 60jährige Beschäftigte,…). Zur Vermeidung dieses höheren Risikos fordern wir, alle Risikopersonen in unserem Geschäftsbereich in Telearbeit zu schicken oder in Ermangelung der Technik von der Arbeit aus übergeordneten Gründen freizustellen.

 

Abschließend möchte ich allen Bediensteten in den Dienststellen für ihren Einsatz zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes in der Thüringer Finanzverwaltung danken. Gerade in diesen schwierigen Zeiten sind unsere Werte wie Solidarität, Würde, Gerechtigkeit und Respekt ein gemeinsames Gut, mit denen wir diese Krise überstehen werden. Natürlich denken wir an alle, die sich im Krankenstand oder in Quarantäne befinden und wünschen Ihnen, das Angst und Einsamkeit nur vorübergehend in ihrem Leben Einzug halten werden und wir gemeinsam diese Krise meistern werden!

Bleiben Sie gesund, halten Sie Abstand, beachten Sie die Hygieneregeln und stärken sie ihr Immunsystem!

Wir wünschen Ihnen trotz der besonderen Situation ein schönes Osterfest!

Bernd Fricke

Vorsitzender

DSTG Thüringen

Corona_DSTG-Brief_06042020.pdf